Speed.Limbus: Schneller, als das Kulturdezernat erlaubt

Es war mal wieder mein Männe, der eines abends an den Tisch trat und meinte: „Warum veröffentlichst du eigentlich nur 13 Hefte pro Jahr? Das ist doch viel zu wenig.“ Witzbold, dachte ich und ärgerte mich. Aber nur ein paar Minuten, denn er hatte mal wieder Recht. (Männer haben meistens Recht, aber wir Frauen … man könnte ein Buch drüber schreiben.)

Die Frage beschäftigte mich. Sollte es tatsächlich möglich sein, mehr hochwertigen Output zu produzieren, obwohl man selbst ja nur einmal vorhanden ist? Und wie kann man die sog. operativen Arbeiten, die einen nicht unerheblichen Aufwand erfordern, reduzieren, dass man sich hauptsächlich mit Text und der Schöpfung desselben beschäftigt? Und handelt es sich dann wirklich noch um Literatur oder Geschmier?

Letztlich ist es eine Frage des „literarischen Abspeckwillens“. Man kann sich hinsetzen und schreiben und am Ende des Tages 10-15 A4-Seiten vorweisen, egal ob Sachtext oder Prosa. Wer ein wenig geübter ist, sollte in der Lage sein, hintereinander weg Sätze zu formulieren, die dem literarischen Gedanken Genüge leisten (oder auch so richtig gut sind). Den Plot überlegt man sich wie immer vorher, schreibt ein Exposé und dann – bleibt eigentlich nur noch das Abarbeiten. Das hat was Journalistisches, denn der Text ist letztlich das Ergebnis ausführlicher Vorab-Recherchen. Geht das?

Zweimal war ich bereits in der interessanten Situation, unter Zeitdruck innerhalb von zwei Tagen einen LL-Roman für einen ausgefallenen Autor verfassen zu müssen. Zum Glück hatte ich inspirative Unterstützung von seiten einer anderen Autorin – so gut bin ich dann doch nicht. Trotzdem konnte ich jedesmal den Druckabgabetermin einhalten. Also müsste sich das doch reproduzieren lassen …

In den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester stellte ich mein Kind bei der Oma kalt, griff mir das einigermaßen ausgearbeitete Exposé und legte los. Zäh wurde es, als zu Beginn des zweiten Tages die Unterarme wehtaten und unmittelbar zu einer halbstündigen Schreibblockade führten. Die Zeit lief weiter … Mittendrin fiel mir auf, dass eine Verbindung zwischen den Kapiteln fehlte und andere schweißtreibende Gedankenblitze, aber am Ende ritt ich dann doch ganz glücklich in den virtuellen Sonnenuntergang.

Die Dokumentation dieses Vorgangs, die ich zu Kopfklärungszwecken immer wieder durchgeführt habe, wird ab morgen per Twitter und Blog zum „Nachfühlen“ in mehreren Teilen veröffentlicht. Dabei wird klar, dass ein gutes Exposé super ist, man aber auf jeden Fall genügend Getränke und Ruhe haben muss (Oma tut not!). Nach dem reinen Schreiben sollte man auf jeden Fall den Text einem zweiten zum Lektorat überlassen, denn auch hier gilt, dass man selbst seinen eigenen Texten gegenüber betriebsblind ist.

Bleiben die operativen Tätigkeiten. Dank diverser technischer Spielereien und Tablet PCs, die zur Weihnachtszeit sicher in vielen Haushalten niedergegangen sind, sollte sich auch das „Fiessein“ vor E-Books eingedämmt haben. Also jagt man den Text zum Schluss noch durch die Calibre- oder InDesign-Mühle oder lädt es bei Amazon mit DRM hoch und ab dafür. Das bedeutet auf den ersten Blick noch mehr Müll auf dem binären Dokumentenmarkt. Letztlich kann man sich dann aber tatsächlich mehr um das Schreiben kümmern und hat keine Scherereien mit eingelagerten Druckwerken, die das Schlafzimmer verstopfen. Wem das Buch zum Anfassen immer noch lieber ist, dem stehen schon seit Jahren diverse Book-on-Demand-Plattformen zur Verfügung.

Dieses Experiment war aber nur der Anfang. Elisabeth Lange, Jan-Hendrik Burre und ich schwitzen bereits über einem Exposé zu einer Speed-Trilogie, die mit viel Tamtam bis Ende April jeweils innerhalb von 48 Stunden realisiert werden soll. Welche Autoren dafür unter Beachtung der Weltöffentlichkeit in den Schreibring steigen werden und welche Modifikationen noch nötig sind, werde ich an dieser Stelle regelmäßig berichten. Wir werden jedoch dem Genre „Trash“ treu bleiben und zusammenfantasieren, was möglich ist.