Der stille Ruf des Todes: Essstörungen. Die innere Distanz

Um mir selbst das Gefühl zu geben, dass der Roman „ganz schnell vorbei“ ist, setzte ich mir sowohl inhaltlich als auch für die Erstellung des Romans einen engen zeitlichen Rahmen. An diesem Punkt wurde mir endlich bewusst, woran es nach wie vor bei mir krankte: Ich brauchte größtmögliche Distanz zum Thema, und gleichzeitig musste ich nah genug dran sein, um vermitteln zu können, worum es ging. Mir war klar, dass das alles ein Konstrukt war, um meine eigene Hilflosigkeit zu ertragen. Damit war auch endlich das Kernthema klar: die Hilflosigkeit zwischen Betroffenen, Angehörigen und Außenstehenden, die zu so vielen Missverständnissen und Verletzungen führt, dass sowohl der Betroffene als auch seine Angehörigen sich abgedrängt fühlen und schließlich im wahrsten Sinne des Wortes „verrückt“ werden, sodass sie von außen nur noch schwer oder gar nicht mehr erreichbar sind. s. auch: Wie wird man Betroffenen gerecht?

Damit konnte ich auch sortieren, was mir an Erlebnissen mit Helfern und Freunden berichtet wurde. Alle waren sich einig, dass diese Ereignisse unter „gesunden“ Voraussetzungen – Akzeptanz der Essstörung als Krankheit, Vermeiden der Schuldfrage etc. – ganz anders verlaufen wären. Das Spannungsfeld der Missverständnisse barg für mich auch die Möglichkeit, auf ekelerregende oder erniedrigende Schilderungen zu verzichten. Es ging mir nicht um das Ausschlachten der Realität, dazu ist sie schlicht zu grausam. Die agierenden Figuren, allen voran die Betroffene, sollten im Mittelpunkt stehen, ohne ihre Würde zu verlieren und gleichzeitig ihre Rolle spielen dürfen, um sie begreiflich(er) zu machen, ganz egal, an welcher Essstörung sie leiden.

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