Bisschen Hirnfutter

FegefeuerWerkstattbericht 10. Juli 2015

An dieser Stelle möchte ich diskret darauf hinweisen, dass ich vor gefühlten hunderttausend Jahren Kriminalsoziologie studiert habe und einige der Theorien, mit denen ich mich im Rahmen meines Studiums beschäftigt habe, in „Feuertanz“ und „Fegefeuer“ einfließen lassen konnte. In „Feuertanz“ kommen der Labelling Approach von Becker und Goffmanns Stigmatisierungstheorie zum Tragen, indem Chillas Verhalten ganz anders bewertet wird, sobald bekannt wird, dass sie psychische Probleme hat. Chillas Erklärung, warum sie nachts das Valeska-Gert-Theater auskundschaftet, enthält eine Anspielung auf Sutherlands Theorie der differentiellen Kontakte. In Fegefeuer wiederum nennt eine Figur eine klassische Neutralisierungstechnik à la Sykes / Matza, um zu rechtfertigen, warum sie etwas nicht gerade Nettes getan hat. Zudem gibt es dort eine Figur, die typische Mafiamethoden anwendet, indem sie gezielt eine Atmosphäre des gegenseitigen Misstrauens kreiert, in der andere gezwungen sind, ausschließlich ihr zu vertrauen.

So! Ob diese Ausführung sonderlich interessant war, wage ich zu bezweifeln. Aber das alles rauszuhauen war mir jetzt ein inneres Bedürfnis, weil ich mir grad so unglaublich verblödet verkomme, nachdem ich dieses ganze fokken Krimizeug über Polizeiarbeit, Bestrafung des Täters etc. schon wieder nachfragen musste. Ich meine, es ist ja nicht so, dass ich mich nie mit irgendwelchen kriminologischen Themen beschäftigt hätte und dann mal eben einen Krimi zusammenschustern will. Aber genau so fühle ich mich gerade.

Wie handhaben das eigentlich andere Krimiautoren? In Storys, in denen die Polizei ermittelt, muss man sich ja noch viel besser mit der Polizeiarbeit auskennen … Machen die Autoren da alle erst mal ein Praktikum bei der Polizei oder drehen selbst ein Ding, um die entsprechenden Einblicke zu gewinnen? Oder gehört so was eigentlich zur Allgemeinbildung und ist allein mir unbekannt?

(Und jetzt beende ich diese Statusmeldung, indem ich sie allerherzlichst meinem Krimsoz-Prüfer widme, ehe ich aus Frust auch noch drölfzigmillionen Subkulturtheorien erörtere – das war nämlich mein Schwerpunktthema!)

Gastroman von Nadine Muriel, E-Book, ca. 200 Seiten, 0,99 €