Speed.Limbus: Das Experiment. Vorwort zur Doku

Wie beschreibt man ein Projekt auf einer Seite mit der nötigen philosophischen Tiefe, ohne lächerlich zu klingen und trotzdem den Sinn des Ganzen darzulegen?

Konsum wird heute so groß geschrieben, dass man als Konsument kaum noch die Gelegenheit hat, die neu erworbenen Güter zu genießen, zu verinnerlichen und – zu begreifen. Immer schneller will die Sucht nach dem Neuen gestillt werden – möglichst ohne Aufwand und am besten kostenlos, auf Kosten des Produzenten, des Schöpfers. Kann man folglich in dieser Welt noch produzieren, ohne sich im Strudel der Sucht, der Suche unterzugehen, ohne sich selbst zu verlieren?

Der Speed.Limbus entstand, wie so vieles, bei einer Debatte über Qualität und Masse in der Literaturbranche. Nie war es seit Erfindung der beweglichen Lettern leichter als heute, ein Schriftstück herauszugeben. In der Öffentlichkeit zu stehen, gar einen Happen des Rampenlichtes abzubekommen. Doch das Glück ist kurz, denn es suchen Millionen ihr Heil in der virutellen Selbstverwirklichung, ohne diesen Widerspruch zu erkennen. Scheinbarer Ruhm mittels Internet verstärkt sie Suche, die Sucht nach der Selbstdefinition. Wer sind wir? Was wollen wir? Und warum verlassen wir uns auf die binären Gottheiten der scheinbaren Welt, nur weil sie uns von anderen empfohlen werden? Wo bleiben wir in der Geschichte?

Zu einem vorhandenen Exposé soll ein Roman verfasst werden. Der Autor hat dazu 48 Stunden Zeit. Hier zeigt sich vielleicht der wahre Meister, der wider die Marginalisierung, trotz Informationsflut einen handfesten Roman, eine scheinbar wirkliche Geschichte erzählt. Nichts anderes sollte man versuchen, wenn man beschließt, der Welt etwas mitzuteilen. Wie hoch der Wahrheitsgehalt ist, bleibt dem Autor, dem Schöpfer überlassen – und dem Leser, der entscheidet, ob er glauben will oder nicht.

Die Grenzen des Machbaren auszuloten, Trash von echter Literatur unterscheiden können – vielleicht gelingt es in den stündlichen Pausen, in denen der Autor zur Besinnung kommen darf und diese Bewusstwerdung in virtuellem Gezwitscher kommentiert. Unmöglich ist es jedoch, die Geschichte aufgrund des Zeitmangels komplett neu aufzuziehen – sie muss fertig werden oder unfertig bleiben. Denn dieser Speed.Limbus mag ein gedankliches Spiel sein, birgt jedoch einen todernsten Kern, der die Wahrheit zeigen könnte, wenn der Autor es zulässt: Zu welchen Schöpfungen sind wir noch fähig? Welches Verständnis bringen wir dafür noch auf? Wie irreparabel ist die Abspaltung zur Realität geworden, der wir uns freiwillig, ja fast blind hingegeben haben, als wir unsere Gehirne dem alles umfassenden Internet preisgaben, unsere innersten Informationen dort einspeisten?

Die Zeit läuft!