Mord im Hotel Metropolitan
Phase 2: Lizenz zum Lektorieren (Out-Time-Handlung)
Definition: Als Out-Time wird die Welt des Autors und des Kulturverlags bezeichnet.
Das Kulturdezernat im Kulturverlag
Allgemeines
Der Kulturverlag hat seinen Sitz in Berlin und wurde zur Tarnung des Kulturdezernats gegründet. Weitere Niederlassungen befinden sich in München, Hamburg, Frankfurt und Leipzig.
Den Aufbau muss man sich wie in Agentenfilmen und -romanen vorstellen. Es gibt eine zentrale Verwaltung, eine Trainingsabteilung, die Buchhaltung etc. Eine der am wenigsten ernst genommenen Abteilungen ist die Abteilung „Forschung und Entwicklung“. Man tut sich schwer mit Neuerungen. Deshalb wurde z.B. die Entwicklung des E-Books lange Zeit verschleppt. Inzwischen haben sich E-Books etabliert und gelten als legitime Einnahmequelle. Jedoch gibt es nach wie vor genug Agenten, die dem E-Book kritisch gegenüberstehen.
Aufgaben des Kulturdezernats
• Förderung und Erhalt der Meinungsfreiheit
• Förderung und Erhalt der Literatur
• Vermittlung von Kooperationen zwischen Wirtschafts- und Literaturbetrieben
• Kontaktpflege zu den Kulturdezernaten anderer Länder
Finanzen
Wie alle Institutionen ist das Kulturdezernat von den finanziellen Mitteln abhängig, die ihm zugeteilt werden. Sie werden mit den Gewinnen eines gegründeten Scheinverlags aufgestockt. Droht ein Scheinverlag in die Insolvenz zu rutschen, wird alles getan, um die Insolvenz zu verhindern. Bei Nichtgelingen wird ein neuer Verlag gegründet oder ein bestehender aufgekauft, damit die Arbeit des Kulturdezernats fortgesetzt werden kann.
Eine unerwünschte Nebenwirkung während einer Krise sind spontane Emanationen anderer Kräfte oder Entitäten. Selbst wenn der Betrieb nach einer Krise wieder aufgenommen wird und alles in bester Ordnung scheint, ist Vorsicht geboten.
Dezernatskrisen werden fast immer von Wirtschaftskrisen der Out-Time eingeleitet. Die letzte große Krise trat 2009 während der weltweiten Finanzkrise auf.
Die Figuren
Der Autor lebt in der Out-Time in einer Partnerschaft und hat einen Vollzeit-Brotjob. Ein über die Partnerschaft hinausgehendes Sozialleben ist praktisch nicht vorhanden, was beim Autor zur pathologischen Sinnkrise führt. Wenn es ihm richtig schlecht geht, schreibt er am meisten und seiner Meinung nach am besten.
Charlotte Drögenkamp, Deckname Charleeene Porter, Literaturagentin des Kulturdezernats. Sie arbeitet als angestellte Buchhändlerin in einer kleinen Stadtteilbuchhandlung der realen Welt (Out-Time) und versieht gleichzeitig ihre Aufträge in den Romanen (In-Time). Sie hat einen Dan in einer Kampfsportart, kann schießen, saufen, verführen, um Einkaufspreise feilschen und jedes noch so schwache Buch verkaufen. Einen großen Teil ihres Out-Time-Gehalts gibt sie für ihr Leben in der In-Time aus.
Lia Schmitt, Auszubildende zur Buchhändlerin im ersten Lehrjahr, später Literaturagenten-Anwärterin. Sie langweilt sich in der kleinen Stadtteilbuchhandlung in der Out-Time. Der Krimi „Mord im Metropolitan“ ist ihr erster Einsatz im Auftrag des Kulturdezernats. Sie muss sehr viele Dinge selbst entscheiden und tut fast immer das Richtige. Dass sie während eines Einsatzes das Geschlecht wechseln kann und muss, findet sie anstrengend und überflüssig, aber es gehört nun mal zu ihrer Agentenausbildung. Ihrer Meinung nach sind die herkömmlichen Geschlechtereinteilungen repressive Überreste des sich selbst zerstörenden Patriarchats. Sobald sie ihre Abschlussprüfung als Buchhändlerin bestanden hat, möchte sie „irgendwas mit Büchern“ studieren und parallel fest für das Kulturdezernat arbeiten.
Klara Beinhart, Deckname Suzie Wong, ist Antiquariatshändlerin mit je einem Laden in Leipzig und Frankfurt. Ihre Läden stellen derzeit zwei von fünf Schnittstellen zwischen In- und Out-Time dar. Skrupel kennt sie nicht. Allein das Geld entscheidet, mit wem sie zusammenarbeitet, weshalb sie mit allem handelt, was mit Buchdruck und Buchkunst zu tun hat. Hin und wieder kooperiert sie mit einer länderübergreifenden Organisation, über die nur wenig bekannt ist.
Wenn Klara Beinhart mal wieder untertauchen muss, zieht sie sich in ihren Candy-Store in Berlin zurück. Dort lässt sie ihre Wut über die Ungerechtigkeit der Welt an ihren Kunden aus, indem sie ihnen so viele Kalorienbomben wie möglich verkauft.
Renate Geigenbaum-Schüttelmacher, Bibliothekarin in der Bibliothek des Kulturdezernats, betreut auch die Waffenkammer und stattet Literaturagenten mit Wissen und Waffen aus. Auch ihr ist es egal, wer sich bei ihr etwas ausleiht, solang ihre Bücher nicht darunter leiden. Ihre Buchwerkstatt, in der sie als Buchbindemeisterin arbeitet, ist ihre Tarnung. Für ihre Fähigkeit, Bücher so zu binden, dass sie nicht nur wie neu aussehen, sondern es auch sind, ist sie in der Branche berühmt-berüchtigt. Über Klara Beinhart konnte sie schon manchen Buchschatz für die Bibliothek des Kulturdezernats erwerben.
Klara Beinhart und Renate Geigenbaum-Schüttelmacher sind Geschwister.
BDB (Book Data-Base), die allwissende Datenbank, streift als Romanfigur im Auftrag aller Kulturdezernate durch die Literatur. Sie ist nicht nur ein Nachschlagewerk für alle Bücher der Welt, sondern auch für alle Bücher, die noch geschrieben werden. Die Zukunftsbücher kann man nur mit besonderen Benutzerrechten aufrufen, welche nur von BDB vergeben werden.
Herr Seiler, Chef-Controller, ist sehr stolz auf seine Stellung in der Firma. Schon seine Mutter und seine Großmutter glaubten, in der Finanzbuchhaltung des Kulturverlags zu arbeiten. Vom Kulturdezernat hat kein Mitglied der Familie Seiler je gehört.
Im Kulturverlag ist Herr Seiler als direkter Berater der Geschäftsleitung tätig. Ohne es zu wissen, hat er großen Einfluss darauf, welche in der BDB abgebildeten Bücher „erscheinen“ (In-Time) und anschließend veröffentlicht (Out-Time) werden. Somit ist ihm die Tragweite seiner Zahlenspielereien nicht bewusst. Entsprechend anstrengend findet er Diskussionen mit der Obersten Lektorin über das Verlagsprogramm, weil er viele ihrer Argumente nicht nachvollziehen kann. Die Wirtschaftskrise von 2009 empfand er als sehr bedrückend, weil er die Schließung des Kulturverlags fürchtete. Dass er sich deswegen in psychologische Behandlung begab, weiß außer der Obersten Lektorin niemand.
Schreibaufgabe
1. Skizziere auf einer A4-Seite à 1800 Zeichen zu einer der oben erwähnten Figuren,
a) aus welchen familiären Verhältnissen sie stammt,
b) wie diese Figur zu ihrem Job gekommen ist,
c) welche Ambitionen die Figur mit dem Job verbindet.
2. Verfasse zusätzlich eine zweiseitige Leseprobe à 3600 Zeichen (Genre: Gegenwartsliteratur) zu der Szene, in der die Figur vom Kulturdezernat angeworben wird. Obwohl es sich bei allen Figuren bis auf eine um Agenten handelt, solltest du dich sprachlich möglichst weit von Agentenfilmen und -romanen entfernen.
Zusammenfassung:
• Abriss, maximal 1 DIN-A-4-Seite à 1800 Zeichen, zum Werdegang einer Figur
• zweiseitige Leseprobe, maximal 3600 Zeichen (angestrebte Gesamtzeichenzahl der Kurzgeschichte: 21 600 Zeichen) Anm: Leerzeichen sind auch Zeichen!
• Der Teilnehmer versichert, dass es sich um seine eigene Idee handelt. Gleichzeitig stellt er die Herausgeberin von etwaigen Forderungen Dritter frei. Bei Zuwiderhandlung wird er von der Teilnahme an der Anthologie ausgeschlossen.
• Die Herausgeberin entscheidet, welche Ideen in die Anthologie einfließen.
• Teilnehmen darf, wer möchte, auch AutorInnen, die bereits einen Beitrag eingereicht haben.
• Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
• Einsendeschluss für Abriss und Leseprobe: 15. Mai 2020 an Michaela Stadelmann, lektorat@textflash.de, textflash.de