Die Liebe meines Lebens: Die beunruhigende Welt der Zwangsstörungen

Sie lauern überall und kommen häufiger vor, als man denkt: die liebgewonnenen Rituale, Schrullen und Spleens, ohne die man sich ab einem bestimmten Punkt unwohl fühlt. Deshalb ist man nicht gleich ein Soziopath. Aber manchmal passiert etwas Unvorhergesehenes. Und plötzlich wird eine Gewohnheit zur Notwendigkeit. Man hat das Gefühl, ohne sie zu sterben, wenn man auf ein Ritual verzichten muss.

Steffi hätte sicher auch ohne Caros Bekanntschaft irgendwann ihren Zwängen nachgegeben. Das macht sie nicht verrückter als andere Menschen. Die Schwierigkeit besteht für sie paradoxerweise darin, mit Caros Zuneigung umzugehen. Jede/r, der schon mal verliebt war, weiß, wie mächtig dieses Gefühl ist. Ob es beglückend oder beängstigend auf die Verliebte wirkt, hängt von unzähligen Faktoren ab. Man muss jedoch in beiden Fällen damit leben wollen und können.

Steffi kann es nicht, weil die Zuneigung zu Caro für sie etwas Neues ist. Etwas, das sie in ihre Tagesrituale „einpassen“ muss, weil sie sonst den Halt verliert. Dieses Gefühl ist für sie „schrecklich schön“, mit Betonung auf schrecklich, denn es lässt sich nicht ihren starren Ritualen unterordnen.

Obwohl Caro den depressiveren Part in dieser Beziehung übernimmt, hat auch sie ihre Zwänge. Sie muss schreiben, weil sie glaubt, damit ein ganz bestimmtes Ziel zu erreichen. Dass das Schreiben ein Umweg ist, will sie nicht wahrhaben. Lieber verschanzt sie sich in ihrem Büro, als diese eine Sache, die sie seit Jahren quält, direkt anzugehen. In dieser Hinsicht fühlt sie sich nicht weniger schwach als Steffi.

Hätte sie die Katastrophe, die Steffi anzettelt, verhindern können? Vielleicht. Dazu hätte sie ihre jedoch eigenen blinden Flecken erkennen und auflösen müssen.

E-Book, ca. 380 Seiten, ISBN 9783940582898, April 2019, bis 15.04.2019 2,99 €, danach 3,99 €
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