Während ich den ganzen Sommer des Jahres 2015 fröhlich vor mich hinfabulierte und ein bisschen mit meinem ausgegrabenen Wissen protzte, hatte ich nebenbei das Vergnügen, etwas zum Thema Spitzenschuhpflege zu lernen. Die Dinger sind heiß begehrt und nicht ganz billig, wenn man seinen Füßen etwas Gutes tun will. Und obwohl sie recht solide aus Leder und literweise Leim geklebt und genäht werden, schaffen es diverse Elevinnen in meiner unmittelbaren Umgebung, sie in kürzester Zeit in ihre Bestandteile zu zerlegen.
Okay, ich muss meinen Ablegern zu Gute halten, dass sie auch bei größter Hitze in die Schuhe steigen, um zu trainieren, was bedeutet, dass bei realen 38° C schon mal die Deckschicht aus Satin durchweichen kann. Und die Box, die die Zehen schützen soll, ist auch nicht bruchsicher – man muss nur lang genug tanzen! So konnte ich mich an den besonders heißen Nachmittagen damit vergnügen, Lederflecken zuzuschneiden, sie auf die Spitzen und den vorderen Teil der Spitzenschuhsohle zu kleben, trocknen zu lassen – und am nächsten Tag erneut anzukleben. Man macht sich keine Vorstellung, wie schnell Schweiß sogar bombenfesten Alleskleber auflösen kann.
Das Ergebnis waren Klebereste an den Fingern, der PC-Tastatur und irgendwann in der ganzen Wohnung. Und auch der Geruch der Schuhe veränderte sich von fuß- zu lösungsmittelfettig. In dieser besonderen olfaktorischen Atmosphäre konnte ich mich natürlich optimal in die Youth Ballet High School beamen.
Ich würde aber niemandem empfehlen, der sich auch einmal an einem Ballettroman versuchen will, sich absichtlich diesen Dünsten auszusetzen. Es ist allemal gesünder, die eigene Fantasie zu bemühen.
E-Book, ab 14. Februar 2016 für 1,49 €