Tante Thea bei den Wallensteinfestspielen

Die echte Tante Thea hat uns am vergangenen Sonntag zum letzten Wallensteinumzug in Altdorf begleitet. Ihr kennt sie ja jetzt schon aus einem Roman – und der nächste ist in Arbeit – deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sie ihren Senf dazugegeben hat.

Sie ging eine ganze Weile sinnend zwischen Ständen, “Gewandeten” und Besuchern herum, dann konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und meinte ziemlich spitz: “Was ist eigentlich daran so besonders? Wir sind damals in Rumänien auf dem Land noch so herumgelaufen. Die Mädchen hatten Röcke, die Jungen Hosen. Und dass die Frauen hier ihre Haare nicht unter die Hauben stecken, ist so was von unhistorisch, darüber könnte ich mich stundenlang aufregen!”

Das hat sie dann auch gemacht, was ich hier aber nicht wiedergebe, denn das würde selbst die Grenzen des Internets sprengen. Überhaupt war der Begriff “Karneval” noch der netteste Ausdruck, den sie gebrauchte. Und überhaupt, die vielen “ehrbaren” Damen “mit ohne” Hauben und geschürzten Röcken – das hätte es zu ihrer Zeit nicht gegeben.

Dazu muss man sagen, dass sie irgendwie schon recht hatte. An den Ständen und in den Lagern selbst herrschte korrekter Bekleidungszwang, Abweichungen aller Art wurden von der Festspielleitung nicht geduldet. Bleibt trotzdem die Frage, warum dann ein Piratenhut (!) mit Reitstiefeln, die bis unter die Knie gingen, dort herumlief. Handelte es sich um nicht mehr ausgleichbare Fundus-Lücken? Oder hatte sich jemand einfach falsch verkleidet?

Am schlimmsten fand sie jedoch das Zigeunerlager. In Rumänien gab und gibt es sie – und sie wollen auch “Zigan” genannt werden, nicht Sinti oder Roma, versicherte die Tange – weshalb sie viel zu viele Vergleiche anstellen konnte. Sie erinnerte sich messerscharf an immer gut gekleidete Frauen und Männer, die weder verschmiert noch ranzig herumliefen wie die fränkischen Darsteller – trotzdem fahrendes Volk – gute Schuhe an den Füßen hatte und na ja, das mit dem Goldschmuck war schon so, aber davon wiesen die Altdorfer “Zigeuner” wiederum zu wenig auf. Und dass man da “wie bei den Hottentotten” auf dem Zeltplatz herumhing, das hat sie niemals beobachten können. Da wurde feste gearbeitet, weil man sonst abends nichts zu beißen hatte.

Ja. So soll es gewesen sein. Mal sehen, was sie zum nächsten “Mittelaltermarkt” sagt.