Werkstattbericht Eisprinzessin, Tatzeit: 11.06.2013, 23:42 Uhr
Das schöne am zweiten Roman ist, dass ich die Leute besser kenne als im ersten. Kein Witz, als Autor muss man seine Figuren ja auch kennenlernen. Und da die erste anstrengende, also die Kennenlernphase, inzwischen vorbei ist und neue Figuren nicht so viel Theater machen, schreibt es sich recht flott über Gedanken, Gefühle und das „Gesage“ (auch heute liebe ich Stabreime!).
Auch ist es diesmal nicht ganz so anstrengend, die Hauptfigur durch die literarische Hölle zu treiben. Das haben wir ja schon mal gemacht – nur nähern wir uns jetzt unter anderen Voraussetzungen fast der gleichen Riege. Zum Beispiel kann ich mir, wo das ganze Vorstellen und Beschreiben endlich wegfällt, mehr Zeit für die Erwachsenen nehmen, die diesmal genauer beleuchtet werden: Wie ist z. B. Frau Böttcher, die Leiterin des Ballettzentrums? Welche Lehrer hat sie noch in der Hinterhand? Dass es hier eindeutige Präferenzen gibt, liegt auf der Hand – sonst müsste die Serie ja mindestens zehn Bände haben. Aber diese Präferenzen bringen es mit sich, dass ich mich ein wenig mehr mit dem Objekt der Begierde, dem armen Martin Klobinger, auseinander setzen kann. Ist es noch interessant, einem Ballettlehrer eine Schönheit an die Seite zu stellen, die wie er jahrelang auf irgendwelchen Bühnen abgehangen ist? Witzlos, oder? Stattdessen gebe ich einer Dame, die man getrost als Knutschkugel bezeichnen kann, den Vorzug. Äußerlich passt sie überhaupt nicht zu Martin Klobinger, dem schönen Tänzer. Aber er braucht ja auch etwas für die Seele – und warum nicht auch anderen Körperformen einen Chance geben?
Weiterhin lasse ich Susanne tiefer in die Gedankenwelt ihrer Tochter Molly eindringen. Schließlich ist sie Schuld daran, dass Susanne ihr Weltbild komplett umkrempeln muss: her mit den Grenzen, weg mit der Freiheit! Jedenfalls teilweise. Und Susanne fällt es wahrlich nicht leicht, sich darauf einzulassen – wie das so ist bei Müttern, die es immer besser wissen! (Mein Kind weiß, wovon ich schreibe …) Aber jedes Kind bekommt die Eltern, die es verdient und umgekehrt. Deshalb gönne ich Susanne diese schmerzhafte Reise, in der sie hoffentlich auch für sich einen Gewinn sieht.
Wie isses denn mit den Vätern? Jonas, Isabels Vater, muss als Prototyp der Abseiler herhalten. Sorry, ein bisschen Plattheit in so einem Wust aus Ereignissen tut auch mir ganz gut. Schließlich sorgt Jonas immer dann für Abwechslung, wenn man sie absolut nicht gebrauchen kann. Eigentlich braucht Isabel jemanden, der ihrer Mutter sagt, wo es langgeht. Aber ihr Vater hat sich verdünnisiert und will nichts mehr mit Elvira und Isabel zu tun haben, was natürlich sehr, sehr bitter ist. Wo soll Isabel sich dann ausruhen, sich einen Freiraum vom Ehrgeiz ihrer Mutter errichten? Erst mal nirgends, denn es ist u. a. ihre Aufgabe, in dieser Episode das Neinsagen zu lernen. Und auch wenn mir das im Hinblick auf eigene Erfahrungen und die Wiederholung in der eigenen Familie schwer zu glauben fällt, muss ich sagen: Das stimmt. Selbst mit noch so vielen Hormonen im Hintergrund ist es selbst in der Pubertät nicht leicht, nein zu sagen! Und das wollen wir doch gleich mal üben …
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