Liebe Textflash: Warum man sich manche Autorenveranstaltungen sparen kann

… weil Veranstaltungshinweise mit Einleitungen wie „Der Buchmarkt und die Welt des Schreibens sind im Umbruch“ im Jahr 2017 nicht mal mehr besonders originell formuliert sind. Die Branche ist seit mindestens 10 Jahren in der Krise (nicht, weil ich mich schon so lang darin herumtreibe, das hat die Branche ganz allein geschafft), seit meinem Einstieg erst wegen der Thalia-Übernahmen, dann (angeblich) wegen Amazon, inzwischen immer noch wegen des ach so bösen E-Books, das nach langem Zögern endlich als Publikationsform anerkannt wird und demnächst sogar die ermäßigte Mehrwertsteuer bekommt. Aber Sätze, dass irgendetwas umbricht, ziehen halt beim Leser.
… weil ich es richtiggehend bescheuert finde, dass es bis vor zwei, drei Jahren kaum Kontakte zwischen Self-Publishern, Buchhandlungen und Verlegern gab, weil die beiden Letzteren SPler schlichtweg aufgrund ihres „Dilettantismus'“ ablehnten.  Kaum war jedoch abzusehen, dass im Hobby-Chaos erste Diamanten glitzern und Self-Publisher wie auch Kleinverlage sehr wohl einen Batzen Geld in die Kassen spülen können, wird ein neues Lied angestimmt und die erfolgreichen Self-Publisher von großen Verlagen abgeschöpft – polemisch gesprochen. Excuse my French.
… weil man die endlich eingetretenen Veränderungen, darunter die Kontaktaufnahme zu den schwarzen Branchenschafen, nach den vielen Amazon-Schmähungen im Grunde nur noch amüsant finden kann. Jahrelang wurde gegen Amazon gewettert, statt von dem Multi-Postboten zu lernen, z.B. was Buchbestellungen von (ausländischen) (Klein-)Verlagen angeht. Kaum sind X Jahre vorbei, kann der Buchhandel plötzlich auch in Sachen Kleinverlage und Selbstverleger reagieren. (Ja, okay, bei Kleinverlagen bestehen nach wie vor Vorbehalte, wie ich von meinen ehemaligen Kollegen höre.) Aber warum hat man einfach mal so 1+x wichtige Jahre verstreichen lassen, in denen etliche kleine Buchhandlungen schließen mussten?
Zurück zu den Autorenveranstaltungen. Da sitzen nun diejenigen, die jahrelang nix mit dem „Bodensatz“ zu tun haben wollten und erzählen Sachen, die sich ein Autor inzwischen mit ein paar Mausklicks zusammengoogeln kann. Okay, es ist nett, mit einem „Mover and Shaker“ am Tisch zu sitzen und gepflegt zu parlieren (und mit dem Ticketkauf sein Honorar zu bezahlen). Es hat auch durchaus was, abends in geselliger Runde mit neuen Bekannten einen heben zu gehen. Aber Sitzen und Schauen und Trinken verkaufen keine Bücher. Und daraus werden meist leider auch keine wie auch immer gearteten Pläne, als Gruppe Bücher zu bewerben oder zu pushen, wie man inzwischen sagt.
Ja, doch, Klüngeln und Liebhaben gehört auch in dieser Branche dazu. Aber das kann ich auch ohne teure Autorenveranstaltungen, wenn ich es geschickt anstelle. Vor allem sollten diese Veranstaltungen dazu beitragen, dass Autoren sich nach der Teilnahme sicherer fühlen, und es sollte tatsächlich ein Dialog mit den „Movern and Shakern“ stattgefunden haben. Mein Eindruck ist jedoch, dass es sich um Werbeveranstaltungen für Unternehmen handelt, bei denen die üblichen Hausnummern abgehandelt werden mit der Message: „Ohne uns kannst du es nicht schaffen!“, was Bullshit ist, wie man inzwischen weiß. Liebe Hybrid- und Self-Publisher, reicht das wirklich?
Mein Fazit:
Autorenveranstaltungen – ja, wenn dabei mehr herumkommt als eine Powerpoint-Präsentation mit 10 Jahre alten Fakten, in 15 Minuten abgespult, und es anschließend eine echte Diskussion mit allen, auch den zahlenden, Beteiligten gibt.
P.S.: Als weitaus effizienter zum Klüngeln und Quatschen hat sich das Klinkenputzen an Messeständen erwiesen. Da die Leipziger Buchmesse eine einzige große Autorenveranstaltung ist, werde ich, da standlos, dieses Jahr lästernd und fragend und vor allem quatschend durch die Messehallen ziehen. Bei meiner Kollegin Kia Kahawa werde ich regelmäßig in Halle 5 am Stand D318 einkehren. Es würde mich freuen, wenn ihr dort vorbeischaut!