Letzter Anruf. Der nächste Schweden-Krimi von Michaela Stadelmann
Linnea war schon fast drei Jahre alt, als ich sie adoptiert habe. Ich wollte nicht mehr nur Schauspielerin sein, ich wollte ein Familienleben wie meine Nachbarn führen.
Mutter zu sein ist eine der schwierigsten Rollen, die ich je hatte. Ich meine nicht die vielen kleinen Fallen, in die man tappt, wenn man alles richtig machen will. Ich meine vor allem Situationen, in denen dein Kind sich plötzlich als Überflieger entpuppt. Ab diesem Zeitpunkt verhält sich niemand mehr normal, wenn er euch gegenübersteht. Alle schauen dich mit großen Augen an, weil sie nichts anderes tun können, als zu staunen.
Oh, du kannst aber gut auf der Harfe spielen!
Oh, du kannst aber schon viele Noten lesen!
Oh, wie schaffst du es nur, alles unter einen Hut zu bringen?
Ich gebe zu, ich genieße es, mit Linnea zu Musikwettbewerben zu fahren und ein bisschen von ihrem Ruhm für meine Mühen einzustreichen. Ich habe Angst, meine Tochter damit zu überfordern, dass sie stets und ständig beobachtet und bewertet wird.
Als ich hörte, das Hendrik Ek tot ist, war mein erster Gedanke: Gott sei dank, Linnea lebt! Im nächsten Augenblick habe ich mich dafür geschämt, denn was täte ich, wenn es Suizid war, weil Hendrik mit dem Druck nicht mehr zurechtkam – und Linnea plötzlich den gleichen Gedanken hegt?
Ich weiß es nicht. Ich hoffe, dass es mir erspart bleibt.
E-Book, ca. 200 Seiten, ISBN 9783940582874, 09.11.2019, 3,99 €