Zuerst veröffentlicht am 12. Mai 2016 und immer noch aktuell.
In letzter Zeit häufen sich bei mir die Anfragen bzgl. vergriffener Titel zwecks Neuauflage oder Nachdruck. Das betrifft NICHT „meine“ ehemaligen Anthologieautoren, die diesbezüglich Interesse bekundet haben – die haben brav alles richtig gemacht -, sondern Leser oder anderweitig Interessierte, die unbedingt diese nicht mehr aufgelegten Bücher haben wolle, koste es, was es wolle. Dabei sollte man doch spätestens seit der Guttenberg-Affäre wissen, dass man sich damit um Kopf und Kragen bringen kann. Trotzdem werden mir seit Anfang des Jahres immer wieder diese Fragen gestellt:
- Ein Titel ist vergriffen. Ich will ihn, weil ich den Verfasser mag, selbst herausbringen. Muss ich den Autor um Erlaubnis bitten? Ja, musst du, auch wenn es kein Bestsellerautor ist.
- Ich erreiche den Autor nicht und kann ihn demzufolge nicht um Erlaubnis bitten. Mache ich mich strafbar, wenn ich den Text eigenhändig abschreibe und als Beispiel in meinen Seminaren verwende? Natürlich machst du dich strafbar!
- Ich erreiche den Autor nicht, aber Sie haben den Titel doch vor Jahren vertrieben. Reicht es, wenn Sie mir Ihre Erlaubnis erteilen? Nein, ich hege nämlich auch kein gesteigertes Interesse, mich strafbar zu machen.
Deshalb noch mal hier in aller Kürze, ohne dass die folgende Liste als vollständig anzusehen ist. Sie speist sich aus den Erfahrungen, die ich als Verlegerin gesammelt habe:
- Jedes Zitat muss mit einem schriftlichen Quellenverweis belegt werden, und zwar am besten gleich an Ort und Stelle.
- Natürlich kann man im Quellenanhang oder im Impressum den Urheber benennen. Wenn der jedoch darauf besteht, dass der Nachweis direkt neben dem Zitat erscheint, hat er leider Recht und du musst dem nachkommen, auch wenn’s shice aussieht. Tust du es nicht, kann der Urheber dir das Zitatrecht entziehen und damit sogar vor Gericht gewinnen.
- Bis zu 10 % eines Werkes dürfen aus Zitaten bestehen. Alles, was drüber ist, sieht nicht nur nach Abschreiben aus, sondern muss sich auch gefallen lassen, als Plagiat bezeichnet zu werden, s. „Dr.“ Guttenberg.
- Wenn du den Urheber nicht ausfindig machen kannst und trotzdem zitieren – damit meine ich NICHT abschreiben – willst oder musst, dann setz am besten einen Vermerk ins Impressum:
Trotz aller Bemühungen ist kein Kontakt zum Urheber zustande gekommen / konnte ich den Urheber nicht ausfindig machen. Sollten Sie Hinweise haben, wie wir dieser Pflicht zur Wahrung des Urheberschutzes trotzdem nachkommen können, wenden Sie sich bitte an den Verlag / den Autor. Vielen Dank!
ACHTUNG:
Das Internet vereinfacht die Suche nach dem Urheber erheblich. Deshalb sollte man diesen Vermerk nur dann anbringen, wenn man tatsächlich niemanden hat ausfindig machen können. - Schreibst du trotzdem kaltblütig ab und wirst erwischt, kann dich das richtig teuer kommen. Wahlweise kannst du deine Strafe aber auch im Gefängnis absitzen und dort deine Memoiren zu Papier bringen.
- Wer’s immer noch nicht glaubt, der klicke einmal hier, um sich über eine der immer zahlreicher werdenden Plagiatsaffären im Selfpublisher-Gehege kundig zu machen: Katja Piel und die Plagiatsaffäre
- Wer es genauer wissen will, bemühe bitte einen Rechtsanwalt oder lese selbst im Urheberrechtsgesetz nach, denn meine Ausführungen erheben nicht das Recht auf Vollständigkeit.
Nachtrag:
„Wie wäre es denn mit einer Antiquariatssuche auf zvab.de?“, fragte ich einen Leser, der einfach nicht aufgeben wollte, weil er wohl hoffte, dass ich eine Gesetzesänderung für ihn beantrage, wenn er sich hartnäckig genug zeigte. Die Antwort hat mich nicht verblüfft: „Gebrauchte Bücher lese ich nicht, die hat ja schon jemand in der Hand gehabt.“
Hm! Bleibt die Frage, ob es ums Lesen oder eher ums Haben ging …