Early London Investigations: Wie ich Schweden lieben lernte

Beitragsbild von Diego Delso, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35479999
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Werkstattbericht zum Schweden-Krimi „Schweig still“, Ullstein Midnight

Ich und Schweden? No way!

Aber ich war mal bekennender Großbritannien-Freak. Ich wollte dort sogar leben, weil ich die Sprache schon in der Schule toll fand. Am liebsten wollte ich natürlich in London leben und hängte mir vorsichtshalber einen Stadtplan an meine Jugendzimmerwand. Damit ich „vorbereitet“ war. Die wichtigsten Ecken hatte ich mit Neon-Marker fett nachgezogen: Portobello Road, Soho, Piccadilly Circus, Westminster, den Königspalast, Big Ben, Downing Street No. 10 – ihr wisst schon. Als ich während einer Sprachreise live und in Farbe nach London kam, stellte ich fest, dass die Themse-Stadt genauso grau und langweilig sein kann wie die knuffige Stadt am Niederrhein, in der ich aufgewachsen bin. (Googelt einfach, wo die Lippe in den Rhein mündet. Da komm ich her. Aber meine allerersten Jahre habe ich umme Ecke vom Töppersee verbracht.)

Ich mach’s kurz: Trotz meiner adoleszenten Hingabe hat mich London – im Gegensatz zum schwedischen Möbelhaus – nie zu Schwüren o.ä. emotional aufgeladenen Aktionen veranlasst. Und als es dann ernst wurde mit dem Erwachsenwerden, vergaß ich Stadt mitsamt grüner Insel.

Es gingen ein paar Jahre ins Land, bis ich wieder über London stolperte. 2015 suchte ich für meine zweite Ballett-Roman-Serie einen geeigneten Schauplatz. Es hatte sich herausgestellt, dass die Städte Nürnberg und Wien, die ich für die Dance-Floor-Serie verbraten hatte, für die Zielgruppe eher uninteressant waren. Also ging ich in ein Antiquariat, fand dort einen günstigen Baedeker Reiseführer über London (!) und nahm ihn mit nach Hause. Hie und da klopfte mein Herz beim Durchblättern, wenn ich ein Hotel entdeckte, in dem ich mal übernachtet hatte. (Ein Brüller wäre es gewesen, wenn in dieser Ausgabe von 1996 noch das Niki-Hotel aufgelistet worden wäre. Ich habe davor und danach kein schmutzigeres Hotel bewohnt. Falls ich bis dahin nicht alle Impfungen intus gehabt hätte – nach einer Nacht im NIKI wäre das mit Sicherheit der Fall gewesen!)

Nach ein paar Stunden klappte ich den wieder Reiseführer zu. Erinnerungen kamen und gingen, aber es blieb nichts nennenswert Emotionales hängen, das sich für die neue Serie verwerten ließ. „Tja“, sagte ich mir, „und was mache ich jetzt mit meinem aufgefrischten London-Wissen?“ Erst mal nix, weil ich im Zuge meiner weiteren Recherchen bei Youtube auf Auszüge der Realityshow „Dance Moms“ stieß (echt schrecklich, aber man kann einfach nicht wegschauen). In einer Staffel kam die Stadt Canton, Pennsylvania, vor. Und weil sie bei Google Earth so schön unpersönlich aussah, wählte ich sie als Standortvorlage für die Serie Ballerina High aus.

Sorry, London! And still no chance for Sweden. But your time was to come …

Schweig still von Mikaela Sandberg, ISBN 9783958190894 3,99 €, 200 Seiten, erscheint am 9. September 2016

http://midnight.ullstein.de/ebook/schweig-still/


Beitragsbild von Diego Delso, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35479999