Aus dem Nähkästchen: Warum es manchmal nicht weitergeht

Achtung, das wird was Längeres!

Und zwar fühle ich mich bemüßigt, noch mal auf Arbeits- und Antwortzeiten einzugehen. Weil ich glaube, dass man manchmal alles sagen sollte, bevor irgendein Blödsinn im Netz zirkuliert. (Und die NSA und der BND lesen sowieso mit.)

Beginnen wir mal mit dem Allerweltssatz: VerlegerInnen sind auch nur Menschen! (Wer hätt’s gedacht.) Dieser Umstand hat z. B. vor drei Jahren dazu geführt, dass ich mit einer gar nicht so lustigen Lungenentzündung einen kompletten Sommer irgendwie vor mich hinröchelte und nicht wusste, ob das überhaupt noch was wird. (Wie ihr seht, ist es wieder geworden.) Die Arbeit, die liegenblieb, erboste anfangs noch die Gemüter, denn ich hatte versäumt, sofort mit Beginn der Erkrankung einen entsprechenden Hinweis zu posten. Aber ich war im wahrsten Sinn des Wortes Knall auf Fall weg vom Fenster. Und eine Lungenentzündung ist definitiv keine „upgegradete Bronchitis“, wie jemand in den ersten Tagen meiner Erkrankung unwitzigerweise schrieb.

Als ich das erste Mal wieder am Rechner saß – es waren ca. zwei Monate vergangen – ohne Schwierigkeiten beim Atmen zu haben, wühlte ich mich zunächst durch gefühlte 1000 Schmäh-E-Mails von Hobbyautoren, weil ich mit keinem Sterbenswörtchen Rechenschaft über meinen Zustand abgelegt hatte. Die gleichen Personen entschuldigten sich ab dem Zeitpunkt, als die Erklärung für mein „unerhörtes Schweigen“ im Blog erschienen war. (Vielen Dank nochmals an die beiden Menschen, die mich damals mit allen Mitteln unterstützt haben!) So weit, so gut, aber es hätte ja auch sein können, dass ich einen Unfall gehabt hatte und noch später oder nie wieder etwas hätte verlauten lassen können. Und dann? Hätte mann bzw. frau dann in aller Öffentlichkeit weiter auf die blöde Verlegerin geflucht?

Eine ähnliche Situation zeichnet sich derzeit wieder ab. Nur geht es diesmal nicht um mich, sondern um meine Familie: Ich betreue seit vier Jahren meine Mutter, die inzwischen 81 und kein bisschen leise ist, aber immer hinfälliger wird. Wie es aussieht, wird die Betreuung demnächst noch intensiver für mich, denn sie möchte nicht ins „Heim“ und keinen Pflegedienst, und das akzeptieren wir. Schließlich hat man sich früher auch um seine alten Eltern gekümmert, und so lang es geht, ist es auch schön, diese Zeit zu bekommen.

Der Gedanke, der mich veranlasst, diesen Post zu schreiben, ist folgender: Es ist in den letzten Wochen wieder viel Arbeit liegen geblieben, Hobbyautoren waren sauer und werden wohl noch saurer werden, aber ganz ehrlich, was täten sie an meiner Stelle? Wäre es zur Abwechslung nicht interessanter, sich zu fragen, ob dieses Thema nicht für die eigene Person auch wichtig werden könnte? Wir werden schließlich auch mal alt, wenn alles gut geht. Und ist ein Buch wichtiger als ein Mensch? (Natürlich nicht. Was für eine blöde Frage! Die mir vor längerer Zeit übrigens auch schon gestellt wurde.)

Mir ist klar, dass es bei Hobbytexten ums Herzblut geht, aber das ist noch lang kein Grund, den eigenen Text vor alles andere zu stellen bzw. anderen aufzuzwingen. Wem es zu lang dauert – heute war schon wieder so eine E-Mail in meinem Briefkasten, allmählich reicht es mir wirklich – der kann sich doch auch als Selfpublisher hervortun. Es gibt so viele Möglichkeiten, abseits der Verlage „Karriere“ zu machen – darum geht es den meisten letztlich – dass ich mich frage, warum man sich mit aller Macht den Psychologen spart und dafür auf einen Fremden eindrischt, nur weil man wie der Hobbyautor das eigene Leben und die Familie für wichtiger hält. Gleiches Recht für alle!

In dem Zusammenhang ist es übrigens interessant, dass in Gesprächen mit Hobbyautoren herauskommt, wie sehr sie unter dem Stress, den sie in ihrem Brotjob haben, manchmal leiden. Ist das ein Grund, diesen Stress an die Verleger weiterzugeben? (Ich lege Wert auf das Präfix Hobby, denn die Profis, die von ihrer Schreibe leben können und mit denen ich bisher zusammengearbeitet habe, ließen keinerlei Allüren durchscheinen, sondern stellten die Fertigstellung des Buches in den Vordergrund.)

Und jetzt habe ich eine Bitte: Wenn ihr in euch geht und eure Antwort zu diesem Post sucht – fein. Wenn ihr sie hier mitteilt, damit vielleicht noch andere über das Thema nachdenken – wunderbar! Falls sogar eine Diskussion daraus wird – superspitzenklasse!!! Und ich hoffe ganz stark, dass dabei die ausgelutschten Ressentiments, die Hobbyautoren und Verleger untereinander austauschen, ausgespart werden. Es geht um mehr als nur das eitle Spreizen der eigenen Federn. Hier könnte man was mit Bezug zur Realität erzeugen, das länger bleibt als ein x-beliebiger Belletristik-Text.

Danke für eure Aufmerksamkeit!