Ein Thema muss her!
»Auf in den Kampf, Torero«, dachte ich, als meine Verlegerin mit der Idee an mich herantrat, nach der Dance-Floor-Serie etwas zu schreiben, das noch mehr auf jugendliche Leser zugeschnitten ist. »Mehr« bedeutet in diesem Fall Internatsgeschichten à la Harry Potter, Hanni und Nanni, Burg Schreckenstein und was in den letzten 40 Jahren sonst noch auf dem deutschen Buchmarkt zusammen gekommen ist. Da ich diese Art von Mainstream-Literatur für ausgelaugt halte, wehrte ich mich zunächst, indem ich außerplanmäßig den vorerst letzten Dance-Floor-Roman »Walzertraum« schrieb. Meine Verlegerin veröffentlichte ihn auch, allerdings nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es jetzt aber wirklich Zeit für etwas Neues sei und ich ja nicht mit weiteren Dance-Floor-Nebenhandlungen ankommen solle, jedenfalls nicht in den nächsten zwölf Monaten!
Sie rückte auch nicht von der Vorgabe ab, dass die nächste Serie in einer Schule auf der anderen Seite des Atlantiks, sprich: in den USA zu spielen habe. Die Protagonisten sollen zwischen 15 und 17 sein, der Textstil müsse jedoch auch jüngere Leser ab 11 Jahren ansprechen. Und natürlich solle der eher trockene Ballettalltag »mit dem gewissen Etwas aufgebürstet werden«. Abgesehen von dieser interessanten Formulierung fand ich jedoch zunächst keinen Gefallen daran, kopfüber in die Mainstream-Schublade zu springen. Zank und Streit im Ballettsaal – lief es am Ende darauf hinaus, dass sich die Schülerinnen mit Spitzenschuhen duellierten oder sie vor lauter Verliebtheit zu ihren männlichen Mitschülern nicht zum Tanzen kamen?
Da ich mich schon seit Jahren in diversen Ballettschulen herumtreibe, weil meine Töchter darauf bestehen, dass Ballett das schönste Hobby der Welt ist, kann ich zwar viele Elevinnen unterschiedlichen Alters fragen, was sie sich unter einem packenden Ballettroman vorstellen. Bei diesen Befragungen wird jedoch jedes Mal deutlich, dass Romane, in denen Ballett nur Beiwerk ist, immer ein wenig unbefriedigend sind. Folglich muss irgendwie Fachwissen und ein realistischer Blick hinter die Kulissen her, ohne dass an Action gespart wird. Denn: »Dank der Glossare in den Dance-Floor-Romanen kann ich nicht nur das Wort ‚Pirouette‛ richtig schreiben, sondern ich weiß auch, dass es verschiedene Arten gibt«, verriet mir eine Schülerin.
»Super, dann mach doch wieder so einen halben Bildungsschinken mit vielen schönen Ballettbegriffen!«, meinte meine Verlegerin bei der nächsten Besprechung. Ich dagegen seufzte nur: »Ein halbes Lexikon ergibt trotzdem noch keine spannende Hintergrundgeschichte.«
»Was tun, sprach Zeus?«, fragte ich meinen Mann abends am Abendbrottisch. Er erwiderte nur, dass er leider nicht viel mit dem griechischen Gott gemein hätte, er sich jedoch vorstellen könne, dass die eine oder andere griechische Sage genug Material für einen Jugendroman hergäbe. Und wie es der Zufall wollte, hatte meine ältere Tochter gerade im Geschichtsunterricht die griechische Hochkultur durchgenommen, in der es nur so von Philosophen, Kriegen und Göttern wimmelt. »Mach halt was mit Göttern«, schlug sie vor, »die können zaubern.«
Argh! Zauberschuhe oder wie?! »Gibt’s schon«, hielt ich dagegen. »Und es ist mir gelinde gesagt ein bisschen zu unrealistisch für eine Romanserie in den USA.«
Meine Familie fand mich mal wieder zu zickig für den weiteren Ideenaustausch und ließ mich schmollend am Küchentisch zurück. So sind sie, die Liebsten, alles lesen, aber sich nicht anstrengen wollen, wenn man mal nach einer Idee sucht …
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