Fragt man einen Autor, warum er schreibt, dann kommt meist irgendwann der Satz: „Ich möchte eine Geschichte erzählen.“
Bohrt man vorsichtig weiter, findet man zwischen der Geschichte, die erzählt werden soll, und dem Leben des Autors Parallelen. Z.B. hat ein Ereignis den Autor so bewegt, dass er es in Worte fassen will oder sogar muss. Er möchte ein wie auch immer geartetes persönliches Statement zu Papier bringen. Oder es geht um einen (geheimen) Wunsch, dessen Erfüllung (scheinbar) nur im Schriftlichen erreicht bzw. gelebt werden kann. (Und natürlich gibt es mindestens tausend andere Gründe. Ich nehme mich da nicht aus!)
Hier könnte man stark vereinfacht auch den Knackpunkt lokalisieren: Endlich hat man eine Möglichkeit gefunden, sich auszudrücken, und man braucht dafür „nur“ die eigene Sprache. Und dann legt der Schreiber los und – tadaaa: Niemand will den Text oder den Roman haben (z.B. wird der Text von einem Verlag abgelehnt). Oder er wird nur unter Äußerung von Spitzfindigkeiten anerkannt (z.B. in Rezensionen). Oder man trifft den Nerv eines anderen Autors oder Lesers und hat ungewollt eine heftige Diskussion provoziert. Man kriegt alles, nur nicht die Anerkennung oder Erlösung, die man sich eigentlich wünscht.
Jetzt zeigt mir jemanden, der nach so viel Mühe und vielleicht jahrelanger Deckelung der eigenen Wünsche nicht ausrastet!
Dazu kommt der inzwischen m.E. häufig geäußerte Wunsch, vom Schreiben leben zu können. Man stelle sich vor, wie der Schreiber monate- oder jahrelang an seinem Manuskript sitzt und hier mehr findet als nur die Niederschrift von Buchstabenfolgen. Die Gedanken, die blöden, sind frei und wandern in Gefilde der Unabhängigkeit (vom Chef, von den Lebensumständen …), die man mit dem Verdienst eines Romans erreichen kann. ’s gibt ja genuch Bestsellerautoren, die von ihrer Schreibe leben! Aber nein, der Roman wird nicht gelesen oder sogar verrissen und der Wunsch nach Unabhängigkeit rückt in unerreichbare Ferne. Das ist, mit Verlaub, oberkrass. So was hält man unter anderen Umständen auch nicht einfach aus. Irgendwie muss man sich abreagieren und vor den nächsten (negativen) Rückmeldungen schützen und zack! Vorbei isses mit der Zurückhaltung.
Aber was kann man dagegen machen? Ich weiß es nicht. Ich finde den Begriff „dagegen“ auch nicht unbedingt passend, da ich es furchtbar anstrengend finde, gegen etwas zu sein, das sich nur mit viel Glück grundlegend ändern lässt. Vielleicht muss man wenigstens einmal heftig auf die Nase fallen, um zu wissen, was man nicht erwarten kann und ob man überhaupt für diese Branche die nötigen Nerven mitbringt. Vielleicht hilft es auch, sich immer wieder zu sagen, dass die Buchbranche keine Selbsthilfegruppe ist, sondern dass es auch hier um richtig viel Geld geht und man ein Portiönchen Glück braucht, um „es“ zu schaffen (was auch immer damit gemeint ist). Und ganz wichtig ist auch die Erkenntnis, dass „es“ wie in jeder anderen Branche jederzeit „vorbei“ sein kann (Was zum Teufel ist mit „vorbei“ gemeint – das Schreiben? Die Ideenflut? Die Schreibgemeinschaft? Ne, die bleiben doch, wenn man sich dafür entscheidet, oder?).
Fazit: Keep cool. Es gibt so viele Dinge auf der Welt, die man ausprobieren kann und die mindestens so befriedigend sind, wie das eigene Buch in der Hand zu halten. Denk dran, dass heute vielleicht jemand Geburtstag hat, den du kennst und mit dem du, statt den großen Wurf zu landen, einen trinken gehen kannst. Oder du könntest auch das Buch eines anderen Autors lesen und dich freuen, dass er seine Geschichte mit dir teilt. Oder – oder – oder. Weil das Leben im Großen und Ganzen schön ist 🙂