Werkstattbericht, Tatzeit 30.07.2014, 18:23 Uhr
In den letzten Stunden habe ich ausnahmsweise niemanden umbenannt, sondern mich mit ein paar literarischen Kinnhaken unter Kollegen beschäftigt. Das hat mich in eine Verfassung gebeamt, in der mir nicht nur die Finger wehtun, sondern ich diesen Roman allmählich auf das Ende zusteuern lassen möchte, auch wenn noch elfunddrölfzig Punkte abzuarbeiten sind. Ihr kennt das: Kaum hat man die Hälfte hinter sich, kann es nicht schnell genug zu Ende gehen. Das Gefühl, mit der Schreibblockade zu viel Zeit verprasst zu haben, schmerzt. Mein Abgabetermin steht immer noch – 31. August, da ist die Verlegerin unbarmherzig – und ich habe noch ungefähr 150 Seiten vor mir. (Der Schock darüber wird sich bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie diesen Soon-to-be-Post liest, schon gelegt haben, hoffe ich.)
Und dann habe ich mir was gegönnt, was Eigenes (nein, kein Jodeldiplom). Ich habe einen Rückgriff auf die erste Staffel gemacht. Die Verlegerin weiß davon noch nichts und ich werde ihr das bis zum Lektorat auch nicht verraten. Denn mich überkam plötzlich Sehnsucht nach Melly und Marius und Mercedes … in der Reihenfolge. Und mit der Frage, wie wohl die Akademieschüler zum Wettbewerbszirkus stehen. Ich habe darüber natürlich auch schon mit Profis gesprochen (ich bin ja so cool, aber nein, das ergab sich eher zufällig vor ein paar Jahren), und die einhellige Meinung war: Wer sich mit diesem Zeug abgibt, landet später nicht im Kulturbetrieb, weil er verheizt wird. – Das gibt einem natürlich zu denken.
Ich habe die Grenzen der Realität ein wenig gedehnt, habe Melly, Marius und Mercedes (die M&M&M’s der Serie) ein wenig träumen lassen, denn sie stehen derzeit im Prüfungsstress. Jugendliche sind zudem neugierig und wollen wissen, was ihre Lehrer treiben, wenn sie plötzlich in die weite Welt entschwinden. Und tatsächlich finden sie Videos von Sandras erstem Wettbewerb und ihren Schülern. Ein bisschen Neid war zwar dabei, vor allem aber herrliche Leichtigkeit trotz allem – etwas, das mir bei den Wiener Jugendlichen derzeit noch abgeht. Ich überlege, ob ich die Eleven der Wiener „Tanzschule Zeidler“ ein wenig lässiger zeichnen sollte, aber auch hier interessiert es wohl eher, welche Macken sie mitbringen.